Gehe ich fremd, wenn ich eine Domina besuche?
Gedanken zu Treue, Intimität und Selbstfürsorge im BDSM-Kontext
Wo beginnt Fremdgehen?
Ob etwas als Fremdgehen empfunden wird, ist individuell unterschiedlich. Es gibt keine allgemeingültige Definition. Für manche beginnt Untreue bei emotionaler Nähe, für andere erst beim körperlichen Kontakt. Jede Beziehung hat eigene Regeln, Erwartungen und Grenzen. Die Frage, ob ein Domina-Besuch als Fremdgehen gilt, kann nur im jeweiligen Beziehungskontext beantwortet werden.
Warum Domina-Besuche oft im Verborgenen stattfinden
Viele Menschen suchen den Kontakt zu einer Domina heimlich. Das liegt selten an einem aktiven Wunsch nach Täuschung, sondern häufig an Unsicherheiten, Scham oder der Angst, mit eigenen Wünschen auf Ablehnung zu stoßen. Ein solcher Besuch kann ein Weg sein, mit unausgesprochenen Bedürfnissen achtsam und diskret umzugehen.
Ich biete einen geschützten Raum, in dem Menschen ihre Neigungen angstfrei erkunden können – frei von gesellschaftlichen Vorurteilen und ohne Druck. Dieser Raum ermöglicht es, sich selbst kennenzulernen und weiterzuentwickeln, unabhängig davon, ob die private Beziehung offen, traditionell oder kompliziert ist.
BDSM als Raum für Entwicklung und Selbstfürsorge
Für viele Gäste ist eine Session bei einer Domina mehr als ein erotisches Erlebnis. Sie bietet Struktur, emotionale Entlastung und oft einen Zugang zu verborgenen Persönlichkeitsanteilen.
Ein Beispiel aus meiner Praxis:
Ein Mann, seit 25 Jahren verheiratet, lebte in einer stabilen und liebevollen Beziehung. Im Laufe der Zeit entwickelte sich ein Fetisch, den er seinem Partner oder seiner Partnerin nicht anvertrauen konnte – aus Angst vor Unverständnis. Das Schweigen führte zu innerer Anspannung und schließlich zu depressiven Symptomen, die sich negativ auf die Ehe auswirkten. Der Besuch bei einer Domina wurde zu einem Ventil – kein Betrug, sondern ein Akt der Selbstfürsorge, der letztlich zur Stabilisierung der Partnerschaft beitrug.
Keine Sexualität im klassischen Sinn
Professioneller BDSM unterscheidet sich klar von sexuellen Dienstleistungen.
Eine klassische Domina:
- bietet keinen Geschlechtsverkehr an
- wird nicht berührt (Berührung im tieferen Sinne) oder geküsst
- wahrt klare emotionale und körperliche Distanz
- agiert ausschließlich innerhalb abgesprochener Grenzen
Fantasien, Kopfkino, Dominanz, Kontrolle und psychologische Führung stehen im Vordergrund – nicht Körperkontakt.
Ein möglicher Orgasmus entsteht (wenn gewünscht) durch verbale Anleitungen, Toys oder BDSM-Techniken – niemals durch gegenseitige Stimulation oder Intimität.
Es gibt Kolleginnen und Kollegen, die Körperkontakt oder Sexualität anbieten. Das ist eine persönliche Entscheidung und kein Standard. Ich selbst definiere meine Arbeit klar innerhalb professioneller Grenzen. Ich biete also keinen Geschlechtsverkehr oder Intimkontakt an.
Die Rolle der Domina: Sie ist mehr als eine Dienstleisterin
In meinem Arbeitskontext bin ich für viele Menschen mehr als nur eine Sessionpartnerin. Ich bin eine Vertrauensperson, eine Sparringspartnerin für persönliche Entwicklung und für manche eine Art temporäre Begleitung in schwierigen Lebensphasen.
Ich begleite:
- Menschen, die sich in ihrer Identität orientieren wollen
- Gäste, die über ihre sexuellen Wünsche sprechen möchten
- Paare, die gemeinsam neue Erfahrungen machen wollen
- Einzelpersonen, die Diskretion, Führung und emotionale Struktur suchen
Dabei wahre ich stets die Anonymität, kontaktiere niemanden aktiv.
Fazit: Ist das Fremdgehen?
Nach meiner beruflichen Auffassung: Nein.
Ein Besuch bei einer Domina ist keine intime oder romantische Beziehung. Es gibt keine intimen-romantischen Berührungen, keinen Sex, keine Küsse, keine privaten Bindungen. Was in einer Session geschieht, basiert auf Konsens, Regeln und einer klaren Trennung zwischen beruflicher Rolle und persönlicher Ebene. Eine Domina – Gast Beziehung kann auch tiefer gehen aber professionell bleiben.
Jeder Mensch und jedes Paar muss für sich entscheiden, ob ein solcher Besuch als Grenzüberschreitung gilt. Wichtig ist, dass offen über Bedürfnisse gesprochen werden kann – auch wenn es nicht immer leicht ist.
Ein respektvoller Umgang mit sich selbst und mit dem Partner oder der Partnerin beginnt mit Ehrlichkeit, Reflexion und Kommunikation.